02 - Serviceanfragen analysieren
Mitarbeiter im IT-Helpdesk oder IT-Servicedesk verlassen sich bei der Fehlersuche allzu oft auf Trial-and-Error (Versuch und Irrtum) und auf ihre Intuition, statt konsequent systematisch und analytisch vorzugehen. Dies betrifft junge Nachwuchskräfte ebenso wie alte Helpdesk-Hasen. Dabei steckt im strukturiert und zielgerichtet geführten Support-Gespräch ein enormes Optimierungspotential.
1. Anforderungen und Methoden zur IT-Problem-Analyse
Serviceprobleme sind sehr vielfältig, sodass ständige Aufmerksamkeit, gute Analysekenntnisse
und hohe Bereitschaft zur Verbesserung der Services von großer Bedeutung für den Erfolg des
Unternehmens sind.
Die beiden Abbildungen sollen zeigen, dass Probleme möglichst ganzheitlich betrachtet und
auch das Umfeld geprüft werden sollte.
So hat eine dänische Schülergruppe nach einem Experiment behauptet, dass die Kraftlosigkeit einer Pflanze auch von den dort aufgetretenen WLAN-Strahlungen kommen könnte.
Das Eisbergmodell soll in Erinnerung rufen, dass neben sichtbaren Gefahren auch verborgene Gefahren für Probleme oder Störungen sorgen können. Ursachenforschung sollte daher gewissenhaft und tiefgreifend betrieben werden.
In Stellenanzeigen für Mitarbeiter im IT-Helpdesk oder IT-Servicedesk werden neben spezifischen Anforderungen, die durch besondere Produkte oder Leistungen entstehen, allgemein häufig vielfältige allgemeine persönliche und fachliche Anforderungen gestellt.
Aufgabe 1
Recherchieren Sie mithilfe von Stellenanzeigen (online – z. B. Stepstone) die persönlichen und fachlichen Anforderungen, die an IT-Helpdesk- und IT-Servicedesk-Mitarbeiter gestellt werden. (Partnerarbeit)
Persönliche Anforderungen
Geduld, Stressresistenz, Kommunikationsfähigkeit, Kundenorientierung, Teamfähigkeit, Eigenverantwortung, Zuverlässigkeit, Lernbereitschaft, analytisches Denken, Diskretion, Ausdauer, Emphatie, Problemlösungsfähigkeit, Selbstorganisation, Teamfähigkeit
Fachliche Anforderungen
Technische Kenntnisse, Netzwerktechnik, Hardwarekenntnisse, Erfahrung mit Office- und Kommunikationssoftware, Umgang mit Ticketsystemen, Nutzung von Remote-Support-Tools, Verständnis von IT-Supportprozessen (z. B. ITIL), Feheranalyse und Behebung
Allgemeine Analysemethoden im lncident- und Problem-Management
Um Störungen oder Probleme im IT-Bereich systematischer zu analysieren können Analysemethoden angewendet werden.
Für kleine Probleme und schnelle Lösungsentwicklungen sind folgende Methoden geeignet:
Frequently-Asked-Questions (FAQ), Mustertickets
Etabliert hat sich, aus den bisherigen Problemlösungen Sammlungen auszustellen und damit für Anwender extern und/oder intern für schnelle Einarbeitung und Problembehebung zu sorgen.
Lösungsdatenbank durchsuchen
Viele Unternehmen haben eine umfangreiche Wissensdatenbank (Knowledge Base) mit Lösungen zu verschiedenen Kategorien und zur kontextbezogenen Abfrage erstellt sowie systematisch Quellen für weitere Problemlösungsabfragen zusammengestellt. Die Datenbank sollte möglichst nach dem Pareto-Prinzip 20 % der Vorfälle enthalten, die in 80 % der Fälle vorkommen. Die Mitarbeiter sind aufgefordert, diese Datenbank zu pflegen und zu erweitern.
Methode der 5 Warum
Für Probleme und Incidents, für die noch keine Lösungen in der Daten- bank vorliegen, wird eine Erarbeitung angestrebt. Dabei hilft als einfache Methode die „Methode der 5 Warum“. Hierbei ist der Problemlöser aufgefordert, durch bis zu fünf Nachfrage-Stufen einem Problem möglichst tief auf den Grund zu gehen. Dabei ist die Zahl nicht fix gesetzt, kann also bei Notwendigkeit auch zu einer Lösungssuche in die sechste und siebte „Warum-Stufe“ führen.
DMAIC-Zyklus für komplexe Probleme und Projekte
Für aufwendigere Problemlösungen gibt es andere Methoden, wie den DMAIC-Zyklus aus der Six-Sigma-Methode. DMAIC stellt als Verbesserungs-Zyklus oder Qualitätsprozess mit fünf Phasen die Kernmethode des Six-Sigma-Ansatzes dar, der seit den 1970er-Jahren in Großunternehmen zur Qualitätsverbesserung von Produkten und Prozessen Beachtung findet.
DMAIC steht für Define = Definieren, Measure = Messen, Analyse = Untersuchen, lmprove = Verbessern, Control = Steuern. Im folgenden Schaubild sind einige Untersuchungsmethoden und Hilfestellungen für IT-Services herausgestellt und um Leitfragen für Services ergänzt.
Video zum DMAIC Zyklus mit Beispiel
Ishikawa-Diagramm (Fischgrätendiagramm)
Eine weitere Methode für größere Probleme ist das Ursachen-Wirkungsdiagramm, das der Japaner Kaoru Ishikawa in den 1940er-Jahren entwickelt hat. Das Ishikawa-Diagramm wird wegen seines Aussehens auch Fischgrätendiagramm genannt. Ausgangspunkt ist ein horizontaler Pfeil nach rechts, mit dem Problem rechts an der Spitze. Darauf stoßen schräg die Pfeile der Haupt- und Nebeneinflussgrößen (Wirkungen) mit den Ursachen (Warum), die zu einer bestimmten Wirkung führen. Ein Pfeil bedeutet „trägt dazu bei, dass“.
Das lshikawa-Diagramm wird zur Analyse von Problemen und deren Haupt- und Neben- ursachen angewendet. In der Realität wird die Analyse jedoch nicht immer ein derart symmetrisch gestaltetes Aussehen haben, sondern je nach Einflusskategorie mehr oder weniger und unterschiedlich bedeutungsvolle Einflussgrößen haben.
Das Diagramm kann aber gut den Blick für vielfache Hauptursachen/-kategorien, z.B. Hardware, Software, Vernetzung, Mensch, öffnen und dann eine systematische Untersuchung der jeweiligen Einflussgrößen fördern
Aufgabe 2
Geben Sie Argumente dafür, dass man viele Probleme ganzheitlich und von allen Seiten betrachten sollte und nicht bloß möglichst schnell eine Lösung präsentieren sollte.
- Ursachen statt Symptome: Nur so lassen sich Probleme dauerhaft lösen.
- Langfristige Lösungen: Schnelllösungen führen oft zu Folgeproblemen.
- Risikominimierung: Ganzheitliche Analyse vermeidet unerwünschte Nebenwirkungen.
- Höhere Akzeptanz: Alle Beteiligten und Perspektiven werden einbezogen.
- Effizienter Ressourceneinsatz: Vermeidet doppelte Arbeit und unnötigen Aufwand.
- Lernprozess fördern: Besseres Verständnis führt zu besseren Entscheidungen.
Aufgabe 3
Entscheiden Sie, ob die folgenden Aussagen richtig oder falsch sind. Halten Sie eine Begründung für Ihre Entscheidung bereit.
Nr. | Aussage | Richtig | Falsch |
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1 | Serviceanfragen am IT-Helpdesk oder IT-Servicedesk lassen sich mit der Trail and Error-Methode gut lösen. | ✅ | |
2 | Tiefgreifende Ursachenforschung ermöglicht es, verborgene Gefahren für Probleme oder Störungen aufzuspüren. | ✅ | |
3 | Frequently-Asked-Questions (FAQ) sind umfangreiche Wissensdatenbanken, die den Mitarbeiter Hilfestellungen bei Serviceanfragen geben sollen. | ✅ | |
4 | Eine Datenbank ist dann nach dem Pareto-Prinzip aufgebaut, wenn in ihr 80 % der Vorfälle enthalten, die in 20 % der Fälle vorkommen. | ✅ | |
5 | Die „Methode der 5 Warum" eignet sich für Probleme und Incidents, für die noch keine Lösungen in der Datenbank vorliegen | ✅ | |
6 | Bei der Methode der 5 Warum ist der Problemlöser aufgefordert, in mehreren Nachfrage stufen einem Problem möglichst tief auf den Grund zu gehen. Dabei dürfen fünf „Warum-Stufen“ keinesfalls überschritten werden. | ✅ | |
7 | Der DMAIC-Zyklus ist nur für kleine und einfach Probleme geeignet. | ✅ | |
8 | DMAIC ist ein Verbesserungs-Zyklus oder Qualitätsprozess mit fünf Phasen, der die Kernmethode des Six-Sigma-Ansatzes darstellt. Er kann auch für die Analyse von Service-Anfragen angewandt werden. | ✅ | |
9 | Das Ishikawa-Diagramm wird wegen seines Aussehens auch Fischgrätendiagramm genannt. | ✅ | |
10 | Das lshikawa-Diagramm wird zur Analyse von Problemen und deren Haupt- und Nebenursachen angewendet. Vielfache Hauptursachen/-kategorien von Problem können damit leider nicht aufgezeigt werden. | ✅ |
Aufgabe 4
Teilen Sie sich in Arbeitsgruppen auf und verteilen Sie die folgenden Arbeitsaufträge. Erläutern Sie jeweils allgemein und mit Beispielen
a) Aufbau und Umsetzung von FAQ-Problemlösungen
Allgemein: FAQs (Frequently Asked Questions) dienen der schnellen Hilfe bei bekannten Problemen. Sie werden auf Basis wiederkehrender Anfragen erstellt und beinhalten klare Anleitungen oder Lösungsschritte.
Beispiel: Ein Nutzer meldet regelmäßig Probleme beim WLAN-Zugang. Die Lösung („SSID auswählen, Passwort eingeben, ggf. Gerät neu starten“) wird als FAQ veröffentlicht, damit andere Nutzer diese Information schnell finden können.
b) Problemlösungen mit der „Methode der 5 Warum“
Methode der 5 Warum (5 Whys)
Die Methode der 5 Warum dient der Ursachenanalyse. Durch fünfmaliges Nachfragen „Warum?“ gelangt man schrittweise von einem Symptom zur tatsächlichen Ursache eines Problems.
Beispiel:
Problem: Website ist offline
- Warum? – Webserver antwortet nicht
- Warum? – Server nicht erreichbar
- Warum? – Firewall blockiert
- Warum? – Neue Regel hinzugefügt
- Warum? – Regel nicht getestet
→ Ursache: Fehlender Testprozess bei Firewall-Änderungen
Ziel:
Nachhaltige Problemlösung durch Identifikation der Wurzelursache.
c) Problemlösungen mit dem DMAIC-Zyklus
Allgemein:
DMAIC ist ein strukturierter Problemlösungsprozess aus dem Qualitätsmanagement (Six Sigma). Die fünf Phasen stehen für:
- Define (Definieren): Problem und Ziel klar beschreiben
- Measure (Messen): Daten erfassen und Ist-Zustand analysieren
- Analyze (Analysieren): Ursachen für das Problem ermitteln
- Improve (Verbessern): Lösungen entwickeln und umsetzen
- Control (Kontrollieren): Ergebnisse überwachen und sichern
Beispiel:
Ein IT-Support-Team erhält viele Anfragen wegen langsamer PCs.
- Define: Die Arbeitsgeschwindigkeit ist zu niedrig, das stört den Betrieb.
- Measure: 40 % der Tickets betreffen Performance-Probleme.
- Analyze: Hauptursache sind veraltete SSDs in älteren Geräten.
- Improve: Austausch der SSDs in den betroffenen Geräten.
- Control: Einführung eines System-Monitorings und Veröffentlichung von Tipps zur PC-Pflege in den FAQs.